Unterwegs in den Vogesen

Auf dem GR 53 von Wissembourg nach Belfort

Hinweis/Werbung: Diese Wanderung wird von der Region Vogesenmassiv (durch die Vermittlung von Atout France) bezuschusst.

VOGESENDURCHQUERUNG – DRITTER UND LETZTER TEIL

21.07.2024: Refuge Hahnenbrunnen – Belfort

Wunderbar erholt gehe ich vom Refuge Hahnenbrunnen weiter. Und wie so oft unterwegs sind auch die nächsten Tage wieder ein Inbegriff dessen, was an tollen Kontakten beim Wandern alles so entstehen kann und ein weiterer Beweis dafür, dass immer alles irgendwie klappt.

Ich verbringe einen richtig schönen Abend in einem Refuge, in dem plötzlich die Wirtin mit ihrer Familie, 3 anderen Personen aus der Umgebung sowie ich am Tische sitzen und jede und jeder auspackt, was so an Essen da ist. Ich hatte mich bereits auf einen weiteren Abend mit Essen vom Campingkocher eingestellt – die Alternative ist sowohl kulinarisch als auch von den Gesprächen her perfekt!

Und auch die Landschaft bleibt schön.

Am nächsten Abend erreiche ich dann nach einem langen und sehr heißen Tag einen Biwakplatz, der schöner nicht sein könnte. Nicht weit weg finde ich eine Quelle – die Wasserversorgung ist also auch gesichert. Die Anstrengung ist sofort vergessen und der Abend in dieser Umgebung – in Gesellschaft von lediglich vier Gemsen – ein Traum. Ich merke immer wieder, wie wenig es braucht, um glücklich zu sein.

Der Aufbruch am nächsten Tag  von diesem wunderschönen Platz fällt schwer. Gerade auch in dem Wissen, dass diese Wanderung nun schon so langsam wieder dem Ende entgegen geht. Die Hochvogesen laufen so langsam aus und ich überlege mir, wo ich die letzte Nacht auf Tour verbringen kann. Am Mittag rufe ich in einer Gite an – nur um zu erfahren, dass ohne Reservierung nichts geht, da niemand vor Ort ist. Dass ich dort im Garten zelte, ist eigentlich auch nicht vorgesehen und wohl auch nicht erlaubt. Und noch bevor ich wirklich überlegen kann, was ich nun damit mache, beschließt der Herr, mit dem ich telefoniere, dass er mir den Schlüssel an einem geheimen Platz deponiert, damit ich die Nacht „in Sicherheit“ verbringen kann. Dass ich alleine unterwegs bin, macht ihn irgendwie unruhig. Und so verbringe ich meine letzte Nacht in einem Haus, das ich komplett für mich habe.

Als ich am nächsten Tag in Belfort ankomme und mit Zug und Bus den Weg zurück zum Auto antrete, merke ich, wie „entkoppelt“ von allem ich wieder bin. Obwohl ich nur 7 Tage unterwegs war, habe ich das Gefühl, aus einer anderen Zeit und einem anderen Raum zu kommen. Und merke einmal mehr, was es für ein Privileg ist, solche Touren machen zu können, sich zu (ver-)trauen und immer wieder mal einfach losziehen zu können.

17.07.2024: Ribeauvillé – Refuge Hahnenbrunnen

Ausnahmsweise fahre ich mit dem Auto zum Wandern, da ich dieses nach Abschluss der Tour noch brauche. Sofort finde ich in Ribeauvillé einen Parkplatz und ziehe los.

Das Wetter ist perfekt, meine Laune und Wanderlust auch. Seit langem bin ich das erste Mal wieder mit Zelt unterwegs und freue mich auf die Freiheit, die mir das bietet. Leider ist die Schutzhütte, die ich mir für die erste Nacht ausgesucht habe, bereits belegt – mit einer Gruppe junger Erwachsener, die irgendetwas feiert. Gemeinsam mit zwei anderen beschließe ich, eine andere Schutzhütte aufzusuchen. Da ein Gewitter naht und wir uns etwas beeilen wollen, schauen wir die Karte nicht so genau an – die Hütte liegt zwar nur 1,5 Kilometer weit weg, leider aber 200 Meter tiefer in einem Tal. Aber egal – dort ist es zumindest halbwegs ruhig und ich kann mein Zelt vor der Hütte aufstellen.

Nach einer erholsamen Nacht darf ich dann die 200 Höhenmeter wieder aufsteigen und verbringe einen schönen Wandertag bei Sonne und Wolken, laufe über prächtige Hochebenen und will dann zelten. Dass ich in einem Naturreservat bin, sehe ich erst spät – somit ist das Zelten gestrichen.

Ziemlich müde nach einem langen Wandertag finde ich etwas abseits des Weges ein Refuge, das leider geschlossen ist. Da ich niemanden erreiche, aber nicht mehr weiterlaufen will, beschließe ich, hier auf dem Grundstück zu zelten. Noch vor dem Aufbau kommen dann doch noch – rein zufällig – die Betreiber vorbei. Ich bekomme ein Bett und ein kühles Bier. Ein wunderbarer Abschluss eines schönen Tages!

Auch der nächste Tag ist lang – ich fühle mich aber fit und das Laufen macht Spaß. Die Umgebung ist wunderschön und mittags finde ich eine Ferme Auberge, in der ich den wohl typischsten Kuchen in den Vogesen – eine Tarte aux myrtilles – bekomme. Dass es am Abend neben meinem Refuge eine weitere Ferme Auberge mit „echtem Essen“ gibt, vervollständigt mein Glück. Nach zwei Tagen Essen vom Campingkocher ist das Genuss pur!

VOGESENDURCHQUERUNG – TEIL 2

30.04.2024: Chatenois – Ribeauvillé

Der gestrige Ruhetag hat gutgetan. Das Laufen fällt mir wieder leicht und macht Spaß. Nach einem schönen Wandertag komme ich in Ribeauvillé an und gönne mir in dem schönen bunten Städtchen erstmal einen Kaffee. Da ich gestern aus verschiedenen Gründen umgeplant habe, führt mich mein Weg von hier aus nun erstmal nach Hause. Vorher gehe ich aber natürlich noch einen Crémant kaufen… wenn ich schonmal hier bin!

Ich freue mich schon jetzt darauf, im Laufe des Sommers dann die letzten (ca. 8) Etappen von hier nach Belfort zu wandern. Voraussichtlich nehme ich dann mein Zelt mit und genieße die sommerlichen Hochvogesen. Außerdem steht dann ja noch die „übersprungene“ Etappe an und ich muss den Teilabschnitt suchen, an dem ich mich verlaufen habe. Da ich über den GR53 einen Wanderführer schreibe und die gesamte Strecke mit einem GPS Gerät mitschreibe, kann ich diese Abschnitte nicht einfach auslassen.

Jetzt ist aber erstmal die Fahrt nach Hause angesagt. Auch darauf freue ich mich.

29.04.2024: Wackenbach – Andlau

Drei sehr schöne Wandertage liegen hinter mir. Geprägt waren diese vor allem durch viel Wald, wunderschöne Ausblicke und lange Abschnitte ganz ohne andere Menschen. Mir tut diese Ruhe immer wieder gut. Und auch mein Körper fragt nach etwas Ruhe.

Daher beschließe ich spontan, einen Ruhetag einzulegen. Da ich für morgen Abend ein Zimmer in Ribeauvillé reserviert habe, werde ich die für heute geplante Etappe nach Chatenois einfach überspringen. An der Bushaltestelle angekommen, stelle ich fest, dass nichts fährt. Es greift Plan B – ich trampe! Gleich das erste Auto hält an, eine etwas ältere Dame nimmt mich ein Stück mit. Weiter geht es dann mit einer jungen Frau, die zunächst an mir vorbeifährt und dann extra umdreht, um mich mitzunehmen. Irgendwie klappt doch immer alles. Diese Erfahrung mache ich bei jeder Wanderung von Neuem. Und jedes Mal freue ich mich von Neuem darüber, dass das so ist.

Was mir bei dieser Autofahrt auch wieder auffällt, ist, wie schnell und stark sich das Gefühl für Zeit und Entfernungen ändert. Nach nur wenigen Tagen zu Fuß ist die Wahrnehmung hiervon eine total andere. In einer Zeit, die überwiegend schnell ist, eine sehr gute Erfahrung, die es sich (für mich) immer wieder zu machen lohnt.

Angekommen in Chatenois genieße ich Café au lait, die Sonne und ein gutes Abendessen.

26.04.2024: Wangenbourg-Engenthal – Wackenbach

Heute Abend reichts mir. Weil ich mich kurz vor dem Etappenende verlaufen habe, bin ich über 30 Kilometer unterwegs gewesen und habe mich unterwegs im dichten Wald ein paar Mal gefragt, was und warum  ich das hier eigentlich mache. Auch solche Tage gibt’s eben – im „normalen“ Leben zu Hause genauso wie unterwegs. Zum Glück hält sich das im Allgemeinen nicht lange. Da es in Wackenbach, wo ich übernachte, kein Restaurant gibt, bestelle ich Pizza und ein Dosenbier.

Nach so einem Tag sinkt der Anspruch an kulinarische Highlights deutlich – ich freue mich einfach, dass es was gibt und erhole mich vom Tag.

Und merke im Rückblick, dass dieser ja eigentlich sehr schön war – genauso wie der Tag davor auch!

24.04.2024: Lichtenberg – Wangenbourg-Engenthal

Seit drei Tagen bin ich wieder unterwegs in den Vogesen. Der Plan bzw. der Auftrag, einen Wanderführer über die Vogesendurchquerung von Wissembourg nach Belfort zu schreiben, hat mich angetrieben, loszuziehen. Der erste Tag fühlt sich nach „Arbeit“ an – ich habe das Gefühl, diese Zeit für das Unterwegs sein im Moment eigentlich gar nicht zu haben – gar nicht gehen zu können. Das Gefühl, so eingespannt zu sein, dass ich nicht loslassen kann. Und das fühlt sich nicht gut an. Dabei hatte ich mir nach der großen Pyrenäendurchquerung im Sommer 2022 fest vorgenommen, dass mir so was nicht mehr passiert. Und eigentlich habe ich es ja auch selber in der Hand …

Doch schon nach kurzer Zeit merke ich, wie gut es tut, losgegangen zu sein und dass diese Entscheidung die richtige war. Meine anfängliche Unruhe hat sich gelegt, ich genieße ich das Unterwegssein und das Wetter passt.

Es ist schön, hier zu sein, laufen zu können, die Natur, die Ruhe und die reduzierte Geschwindigkeit zu genießen.

Was mich auch immer wieder begeistert, sind die Begegnungen am „Wegrand“, das Kennenlernen von Menschen in einer Region, die Möglichkeit, sich einfach treiben zu lassen. Es sind vor allen diese Begegnungen und Gespräche, an die ich mich gerne erinnere. Wie zum Beispiel an meinen Gastgeber hier in Wangenbourg-Engenthal, mit dem ich den ganzen Abend in seinem Wohnzimmer sitze und wir uns bei flackerndem Kaminfeuer stundenlang unterhalten. Oder an den Wirt eines geschlossenen Restaurants, an dem ich an einem der ersten Tage vorbeikomme. Hier will ich nur kurz nach ein paar Infos für den Wanderführer fragen. Und schon sitze ich in einer fröhlichen Früh-Apéro-Runde, bekomme Kaffee und habe drei sehr nette Gesprächspartner, mit denen ich mich über die Gegend, das Essen hier, Frankreich generell und viele andere Themen austausche.

Es ist einfach schön, diese Zeit zu haben und sie sich auch zu nehmen. Einmal mehr nehme ich mir vor, mich nicht mehr allzu sehr fremdbestimmen zu lassen.

VOGESENDURCHQUERUNG – TEIL 1

22.03.2024: Niederbronn-les-Bains – Lichtenberg

Beim Aufstehen freue ich mich: vor meinem Fenster ist Wochenmarkt. Ein guter Proviant für den Tag ist also sichergestellt. Beim Packen stelle ich dann fest, dass meine (fast neuen) Wanderstöcke verschwunden sind. Nach einigem Suchen – sogar mit äußerst freundlicher Polizeiunterstützung – finde ich sie in der Touristeninfo wieder. Ich habe sie wohl selber dort stehen lassen.

Gerüstet mit einem tollen Ziegenkäse vom Markt starte ich dann etwas später als geplant und verlasse Niederbronn-les-Bains. Nach einem weiteren schönen Wandertag – wieder vorbei an tollen Felsen, einem Turm ohne Aussicht und fast immer im Wald – komme ich am Nachmittag in Lichtenberg an. Hier stelle ich zu meiner Enttäuschung fest, dass der von mir erwartete kleine Laden mit Café seit zwei Jahren geschlossen ist. Ich hatte mich schon so auf einen Café au lait gefreut ….. Zufällig komme ich dann mit dem früheren Betreiber ins Gespräch und sitze kurze Zeit später auf seiner Terrasse – mit Kaffee. Irgendwie klappt dann doch immer alles.

Und auch wenn das Laufen schön ist, passt der Entschluss, früher als geplant heimzufahren, jetzt für mich. Die Wettervorhersage ist nach wie vor miserabel – es soll kalt, nass und zudem stürmisch werden.

So weit sind die Vogesen nicht weg und ich weiß ja, dass ich bald wieder kommen kann.

21.03.2024: Wissembourg – Niederbonn-les-Bains

Nach drei Tagen wandern durch Wälder und entlang von Felsen, Burgen, Schlössern und Ruinen bin ich nun in Niederbronn-les-Bains angekommen.

Ich habe in diesen drei Tagen beim Laufen so gut wie keine anderen Menschen getroffen, die Wanderwege sind nahezu leer. Das Unterwegssein macht Spaß, die Natur lässt noch etwas zu wünschen übrig. Durch den bedeckten Himmel, das auf dem Boden liegende Laub aus dem letzten Herbst und die noch blattfreien Bäume wirkt alles etwas grau. Die Außenreize sind hier sehr gering und erlauben eine schönes Treibenlassen der Gedanken.

Da es recht kühl ist, fallen meine Pausen eher kurz aus. Schöne Plätze hierfür hat es aber ausreichend. Ich sitze in diese Pausen meist auf einem Felsen oder irgendwo auf oder in einer schönen Ruine, und genieße den Ausblick.

Immer wieder mal treffe ich auch Menschen, mit denen ich kurz ins Gespräch komme. Mit der Frau, die die kleine und sehr schöne Bäckerei in Climbach betreibt. Mit einem Mann in Petit Wingen, der in seiner Garage „Ratschen“ aus Holz herstellt, um die alte Tradition des Ratschens an Ostern im Dorf wieder aufleben lassen zu können. Mit einem Hotelbesitzer in Obersteinbach, der mir sein Auto leiht, damit ich in ein Restaurant fahren kann, da im Dorf an diesem Tag alles geschlossen ist. Er kennt weder meinen Namen noch hat er sonst irgendeine Info von mir. Den Autoschlüssel bekomme ich einfach so.

Oft sind es gerade diese Begegnungen, die eine Wanderung / eine Reise zu etwas besonderem machen und ich genieße diese sehr.

Aufgrund der Wettervorhersage habe ich nun beschlossen, meine Tour morgen Nachmittag in Lichtenberg vorzeitig abzubrechen und mit Bus und Zug nach Hause zu fahren. Gut, dass ich für die kommenden Tage keine Unterkünfte gebucht habe.

19.03.2024: Gegen Mittag steige ich in Wissembourg aus dem Zug – voller Vorfreude darauf, mal wieder ein par Tage laufen zu können. Ich starte hier auf den ersten Teil meiner Wanderung auf dem GR 53, der die Vogesen von Wissembourg bis Belfort durchquert. Mein Ziel in sechs Tagen ist Saverne. Da alle Restaurants entweder gut belegt oder geschlossen sind, gehe ich nur kurz einen Kaffee trinken und ziehe dann einfach direkt los.

Wie schon im vergangenen Jahr auf dem Fischerweg werde ich auch hier nicht „nur wandern“, sondern auch einiges mitschreiben, den Weg mit einem GPS Gerät aufzeichnen und (hoffentlich schöne) Bilder machen. Das Alles wird in den Wanderführer einfließen, den ich über diese Tour schreibe und der Anfang 2025 im Conrad Stein Verlag erscheinen wird.

Ich bin gespannt, was die nächsten Tage so mit sich bringen. Und ich freue mich, dass diese Wanderung von der Region Vogesenmassiv (durch die Vermittlung von Atout France) bezuschusst wird.